Agenturen arbeiten
nur „remote“,
weil sie müssen …
oder?
Ein Beitrag von Martin Sternsberger, WP-Stars 12.12.2019
Die österreichische Digitalagentur WP-Stars hat ein wunderschönes Büro in Wien, aber lässt ihren Mitarbeiter/innen die Freiheit, wo sie arbeiten wollen. Geschäftsführer Martin Sternsberger erzählt, warum man bei WP-Stars zusätzlich auch auf Remote-Arbeit setzt, was dafür notwendig ist und warum es sich lohnt, sich das als Agentur „anzutun“.
Arbeiten im Grünen? Manchmal erinnere ich mich zurück an meinen Arbeitsplatz Anfang der 90er-Jahre. Ich saß an einem ordentlichen Schreibtisch, telefonierte mit einem modernen Festnetztelefon und arbeitete mit einem zeitgemäßen Desktop-PC. Einer von den Dingern, die fast einen halben Meter hoch und sehr standfest waren. Daran angeschlossen ein einigermaßen schwerer Monitor, der noch nicht einmal Farbe darstellen konnte.
Damals fiel mein Blick häufig aus dem Fenster auf den kleinen Berg mit dem saftig grünen Wald und dem guten Duft nach frischem Holz. Wie oft hab‘ ich mich gefragt, warum ich hier an diesem festen Schreibtisch sitzen muss. Warum konnte ich meine Arbeit nicht von dort oben, mitten in der Natur erledigen?
Jetzt
kann
ich das!
Wir WP-Stars haben in unserer Digitalagentur zwar – und das sogar sehr gern – noch immer ein festes, tolles Büro mit ordentlichen Schreibtischen und MacBooks darauf, aber unterwegs arbeite ich zu 95% am iPad und bin quasi immer verbunden. Ich kann auf einer Finca auf Mallorca mitten in der Natur genauso produktiv sein wie auf der Terrasse unseres Büros. Unsere Mitarbeiter sagen durchaus spontan: „Es regnet zu stark, ich arbeite heute von zuhause aus“. Und einer ist sogar ans andere Ende des Landes gezogen und bleibt trotzdem fast genauso ins Team eingebunden wie bisher – dank Video-Calls, Slack & Co.
Wir setzen Projekte mit Partnern um, die „irgendwo“ auf der Welt ihr Lager aufgeschlagen haben. Von einer unserer Partnerinnen kenne ich die Hochzeitsfotos, hab sie aber noch nie persönlich getroffen, ja noch nicht einmal mit ihr gesprochen. Und trotzdem liefert sie wertvolle Arbeit ab. Sie ist übrigens eigentliche Deutsche und lebt seit Jahren in Tunesien.
Diese Art zu arbeiten erfordert aber ein Umdenken und Disziplin. Alle an einem Standort jederzeit greifbar zu haben, ist da natürlich vordergründig einfacher. Zu unseren Kunden zählen viele klassische Agenturen. Darunter gibt es durchaus noch einige, die intern mit einer Jobmappe herumlaufen. Da wird es dann natürlich schwierig mit „remote arbeiten“.
Genauso wie für den einen befreundeten Unternehmer, der seine Kunden zum Thema Digitalisierung und Datenqualität berät. Als ich ihn neulich traf, hatte er es gerade eilig. Er musste dringend zu seinem Steuerberater, um diesem rechtzeitig einen fetten Ordner mit allen Buchhaltungsbelegen zu bringen.
Wie nutzt systemisches Denken mir und meiner Agentur?
Und dann gibt es auch das Hamburger Technologieunternehmen, das bahnbrechende Lösungen entwickelt. Fast jeder Mitarbeiter hat einen Laptop und vom Arbeitsplatz aus eine reizvolle Aussicht auf einen supernetten Innenhof. Auf meine Frage warum da draußen nie jemand sitzt und arbeitet, trafen mich Blicke, als wäre ich ein Alien. Arbeiten, das tut man am Schreibtisch!
Es ist also noch nicht
wirklich überall angekommen
„das neue Arbeiten“.
Dieses erfordert neben Disziplin und Umdenken auch entsprechende Infrastruktur. Daten müssen sicher von überall aus zugänglich sein. Papierbelege müssen sofort eingescannt werden. Das machen wir übrigens schon seit über 15 Jahren konsequent und ohne großen Aufwand.
Alles muss digital sein. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter braucht die passende Ausstattung. In unserem Fall ist das ein MacBook und iPhone. Letzteres läuft über eine „virtuelle Nebenstellenanlage“ unseres Telefonanbieters. Damit ist unser Unternehmen über eine Festnetznummer und jede Mitarbeiterin über eine eigene Durchwahl erreichbar, ganz egal wo auf der Welt die Person sich gerade befindet. Es ist also ein gewisser Aufwand nötig, auch wenn dieser nicht wirklich hoch ist.
Warum also sollte man sich das als Agentur antun? Zum einen weil die Qualität besser wird. Wir müssen zwangsweise genauer definieren, Dinge niederschreiben oder skizzieren und präziser miteinander kommunizieren. Dadurch überlegen wir uns die Anforderungen und Lösungen vorher präziser, haben weniger Änderungsaufwand und machen weniger Fehler. Klar wirkt das im ersten Augenblick aufwändiger, weil man oft nicht sieht, wieviel Arbeit man durch Fehler und mangelnde Definition doppelt und dreifach macht.
Mitarbeiter/innen, die außerhalb des eigentlichen Büros arbeiten, können Tätigkeiten ungestörter und konzentrierter verrichten. Kolleg/innen können nicht einfach, wie man das oft in anderen Unternehmen sieht, vor dem Schreibtisch stehen und den laufenden Denkprozess unterbrechen, nur weil für solche Personen die eigene Arbeit immer Vorrang hat und Dinge vermeintlich immer so dringend sind, dass diese nicht warten können.
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Arbeit kann auch auf diese Weise besser an das persönliche Leben angepasst werden. Es erhöht sich die persönliche Freiheit – sowohl von den Führungskräften oder Eigentümer/innen, wie auch von den Mitarbeiter/innen.
Durch die geschaffene Infrastruktur hat man raschen Zugriff auf alle Ressourcen von überall aus. Und der „Suchalgorithmus“ in digitalen Daten ist definitiv wesentlich besser, als das lange Blättern in gedruckten Dokumenten.
Zum anderen können wir mit Talenten arbeiten, die sich nicht an unseren Standort binden können oder wollen. Wir können Teams zusammenstellen, deren Fähigkeiten wir lokal vielleicht gar nicht bekommen würden.
Und letztlich ist so ein iPad mit 750 Gramm wesentlich leichter als ein Aktenordner. Und das Gewicht ändert sich nicht, egal wie viele Daten darauf sind.